Ehevertrag

Der Ehevertrag: Im Extremfall sogar vor der Scheidung noch sinnvoll

Allgemein Juli 10, 2024

Frischvermählte scheuen oftmals das Thema Ehevertrag, weil es so wenig romantisch daherkommt. In Zeiten echter und sich entwickelnder Liebe halten es viele für absolut stimmungstötend, sich ernsthafte Gedanken über das gefühlsmäßige und damit auch das rechtliche Beziehungsende Gedanken zu machen.

Allerdings ist ein Ehevertrag in vielerlei Hinsicht sinnvoll. Denn im Falle einer späteren Scheidung – so unwahrscheinlich dies am Anfang auch erscheinen mag – kann er aufwändige und kostenfressende Vermögensbewertungen unnötig machen. Beispielsweise kann im Ehevertrag genaustens geregelt werden, welche Vermögensgegenstände zu welchen Quoten ins gemeinsame Vermögen gerechnet werden und welche davon ausgenommen werden. Übrigens muss ein Ehevertrag nicht vor der Eheschließung geschlossen werden, als „Scheidungsfolgevereinbarung“ kann er sogar bei einem Notar noch unmittelbar vor einer Scheidung aufgesetzt werden.

Es besteht keinerlei gesetzliche Pflicht zur Schließung eines Ehevertrags, denn ohne eine individuelle Vereinbarung besteht der gesetzliche Güterstand, die sogenannte „Zugewinngemeinschaft“. Die Zugewinngemeinschaft ist entgegen ihres Namens grundsätzlich eine Vermögenstrennung der Vermögen der Ehepartner, so dass jeder sein eigenes Vermögen hat und behält. Der Tod eines Ehepartners oder die Scheidung haben zur Folge, dass ein Ausgleich über die Vermögenswerte geschaffen wird, die zur Zugewinngemeinschaft gehören. Derjenige Ehepartner, der während der Ehezeit mehr Vermögen erwirtschaftet hat, muss dieses „Mehr“ – den Zugewinn – dann ausgleichen.

Hatte ein Partner bereits vor der Ehe erhebliche Werte wie Immobilien, Firmen oder Beteiligungen im Vermögen, sollten diese durch einen Ehevertrag vom Zugewinn ausgeschlossen werden. Schon eine Immobilie kann einen Vertrag sinnvoll machen. Wenn beispielsweise einer der Partner eine Immobilie mit in die Ehe bringt, die ohne gemeinsames Invest erheblich an Wert zulegt, kann es im Fall der Scheidung dazu führen, dass der ursprüngliche Eigentümer zum Verkauf des Gebäudes gezwungen wird, um seinen geschiedenen Partner auszubezahlen. Vertragliche Regelungen zum Güterstand ermöglichen es, im Falle der Scheidung aufwändige und kostenintensive Gerichtsprozesse zu verhindern. Grundsätzlich sollte ein Ehevertrag so ausgearbeitet sein, dass beide Partner auch nach einer Scheidung die Chance auf einen Neuanfang ausleben können. Der Notar berät in dieser Hinsicht und weiß genau, welche vertraglichen Vereinbarungen angemessen sind.

Nicht nur große Vermögen, Immobilien oder Firmen können einen Ehevertrag äußerst sinnvoll machen. Ein wichtiger Aspekt sind auch gegenseitige Versorgungsansprüche. Wer beispielsweise die Aufteilung der während der Partnerschaft erworbenen Versorgungsausgleichsansprüche ausschließen will, kann dies ganz genau in einem Ehevertrag definieren. Im Falle einer Scheidung prüft das Gericht dann, ob für beide Ex-Eheleute eine ausreichende Altersversorgung dennoch sichergestellt ist. Noch wichtiger ist der Ehevertrag unter dem Aspekt Versorgungsausgleich für Ehepartner, die bereits mehrere Ehen hinter sich haben. 

Bei der Gestaltung und Ausformulierung eines Ehevertrags sind die Vertragsparteien im Prinzip völlig frei. Allerdings gibt es Aspekte, die als Bestandteil eines Ehevertrags zur Sittenwidrigkeit und damit Ungültigkeit des Vertrags führen. Das können beispielsweise Regelungen sowohl zum Kindes-Unterhalt wie auch zum Trennungsunterhalt sein. Letzterer ist gesetzlich verankert, weil durch ihn sichergestellt wird, dass nicht ein Partner nach der Scheidung finanziell in Schieflage gerät. Der Kindesunterhalt ist gesetzlich geregelt, damit Kinder auch nach der bitteren Trennung ihrer Eltern ein gesichertes Leben führen können.  Ebenso sittenwidrig kann ein Ehevertrag sein, der geschlossen wurde, obwohl ein Partner entweder finanziell oder emotional stark abhängig vom anderen war. Das kann beispielsweise zutreffen, wenn einer der Partner durch niedrige Bildung oder sprachliche Unkenntnis den Vertrag unterschrieben „musste“, ohne ihn in Gänze zu verstehen. Ebenfalls sittenwidrig wäre ein Vertrag, der lediglich eine Ausweisung aus Deutschland verhindern soll oder etwa einer, den eine mittellose Schwangere unterschreibt. Ebenso führen nachweislich falsch gemachte Angaben zum Vermögen zur Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages. Wirksam ist ein Ehevertrag ausschließlich dann, wenn er notariell beurkundet wird und beide Eheleute der Beurkundung beiwohnen.